TEXT Sabine Hölper
Kleine Brüder oder Schwestern haben es oft schwer. Sie stehen im Schatten der Größeren. So verhält es sich auch mit Minigolf zu Golf.
Letzteres gilt als ernstzunehmende Sportart, zudem für Gutbetuchte, Minigolf als günstiges Freizeitvergnügen für Familien mit Kindern. Wie wahr. Und welch ein Irrtum.
Wahr ist, dass sich der Bahnengolfsport, wozu Minigolf und ähnliche Varianten wie Miniatur- oder Cobigolf zählen, aus dem Golfsport heraus entwickelt hat, also tatsächlich der jüngere Bruder ist. Ebenso stimmt, dass Minigolf ein spaßiges Freizeitvergnügen für die ganze Familie ist. Aber es ist auch ein Leistungssport. Jährlich im Wechsel finden Europa- und Weltmeisterschaften statt. Und die Deutsche Nationalmannschaft hat dabei oft sehr gut abgeschnitten, sie holte mehrfach sowohl den Welt- als auch den Europameistertitel.
Ein deutscher Verein sticht dabei besonders heraus: der nordrheinwestfälische BGS Hardenberg-Pötter. Er gilt als eine der erfolgreichsten Vereinsmannschaften weltweit, gewann etwa im letzten Herbst die European Champions League in Portugal. Mit von der Partie: Walter und Harald Erlbruch. Das Brüderpaar hat eine Art Kultstatus im Minigolfsport erreicht. Beide gewannen im Einzel etliche Male die Europameisterschaft.
Walter Erlbruch holte mit der Nationalmannschaft zudem häufiger den Weltmeistertitel. Ebenfalls mehrmals wurde ihm das Silberne Lorbeerblatt überreicht - die höchste verliehene sportliche Auszeichnung in der Bundesrepublik Deutschland. Mit der Mehrfach-Verleihung, die eigentlich gar nicht vorgesehen ist, und die Walter Erlbruch drei Mal erhielt, steht er in einer Riege mit dem Fußballweltmeister von 1954 Fritz Walter. ,,Walter Erlbruch ist der erfolgreichste deutsche Minigolfspieler", bestätigt Robert Kullick, Präsident des Bahnengolf-Verband Berlin-Brandenburg e.V.
Sieben Vereine in Berlin und Brandenburg sind im Verband organisiert. Nur 120 aktive Mitglieder zählen alle Vereine gemeinsam, und sie sind auch nie so herausgestochen wie der BGS Hardenberg-Pötter. Einzelne Spieler konnten nie so groß rauskommen wie das Ausnahmetalent Walter Erlbruch. Und doch hat auch die Hauptstadtregion ein paar Talente in der Riege. Zum einen den aktuellen Präsidenten des hiesigen Bahnengolfverbandes Robert Kullick. 2017 gewann er die Europameisterschaft der Senioren, die man ab einem Alter von 45 Jahren spielt. Noch erfolgreicher ist Marco Henning. Der Berliner war mehrfacher Deutscher Meister, einmal Europameister sowie Vizeweltmeister.
„Es wäre schön, wenn sich mehr, vor allem junge Menschen, für Bahnengolf als Profisport interessieren und in einen Verein eintreten würden", sagt Kullick. Seiner Meinung nach beginnt das Interesse in dem Moment, „in dem man Wiederholungstäter wird." Wer mindestens einmal pro Woche spielen wolle, solle sich am besten an einen der Vereine im Umkreis wenden. ,,Die Leute dort geben Tipps", sagt er. Etwa, dass man sich bei echtem Interesse einen guten Schläger und ein Set guter Bälle zulegen sollte. Walter Erlbruch stimmt ein: „Bei den ausgeliehenen Bällen auf den Bahnen muss man froh sein, wenn sie rund sind."
Aber man muss ja auch nicht in die obersten Ligen aufsteigen. Ein bisschen Spaß und Spiel und Sport auf den Parcours ab und zu sind völlig in Ordnung. Man muss nur wissen, wo Minigolf in der Stadt möglich ist. Dann kann man die Schläger schwingen: Die Vereine unterhalten Bahnen. Dort trainieren die Profis, dort kann aber auch jeder Freizeitsportler vorbeikommen. Die Anlagen befinden sich zum Beispiel in Tempelhof oder Reinickendorf. Eine Liste gibt es auf der Webseite des Bahnengolf-Verbands Berlin-Brandenburg. Weitere Bahnen finden sich nach Postleitzahlen sortiert im Minigolf-Atlas des Deutschen Minigolfsport Verband e.V.
„Bei den ausgeliehenen Bällen auf den Bahnen muss man froh sein, wenn sie rund sind“
Walter Erlbruch wurde drei Mal mit dem ,,Silbernen Lorbeerblatt" geehrt, die höchste sportliche Auszeichnung in Deutschland
Und dann gibt es in Berlin noch einige Fun-Anlagen, etwa das Kunstprojekt ,,nuture MiniArt Golf" am nördlichen Rand des Tempelhofer Felds. Jede der 18 Bahnen wurde von einem anderen Künstler gestaltet, alle thematisieren ökologische Zukunftsfragen. Zu elektronischen Klängen im Hintergrund spielt man zwar nach herkömmlichen Regeln, aber auf beeindruckend gestalteten Bahnen. Bei Nummer 17 zum Beispiel landet das Bällchen in einer Toilettenschüssel. Ein Ausflug aufs 1800 Quadratmeter große Areal lohnt sogar, ohne zu spielen. Kaffee und Kuchen sind ja auch was Feines. Andererseits: Wer hier nicht Lust bekommt, den Schläger zu schwingen, mag wahrscheinlich auch kein Schokoladeneis. Und wer schon dort war und sagt,, Kenn ich schon", liegt falsch: Die Betreiber haben im Winter investiert und viel Neues geschaffen.
Ein besonderes Minigolf-Erlebnis bietet ein Besuch in einer Schwarzlichtminigolfanlage. Da man drinnen spielt, kann man dort ganzjährig minigolfen. Auch hier sind die 18 Bahnen künstlerisch gestaltet. Hinzu kommen lumineszierende UV-Farbwelten an den Wänden sowie leuchtende Schläger und Bälle. Schwarzlichtminigolfanlagen gibt es zum Beispiel im ehemaligen Bahnhofsgebäude im Görlitzer Park, in der Ordensmeisterstraße am Tempelhofer Hafen oder in der Karl-Marx-Straße in Neukölln.
MINIGOLF IN BERLIN
bv-bb.de
minigolfsport.de
nuture-art.de
schwarzlicht-minigolf-berlin.de
