Die Last des Virus
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URBAN SPORTS MÄRZ 2022

Die Last des Virus

Wie sich Sportler nach einer Covid-19-Erkrankung regenerieren – vier Porträts & Interview mit einem Sportmediziner

Formverlust, Lungenprobleme, Depressionen oder bloß Erkältungssymptome: Wie Leistungssportler mit einer Covid-19-Erkrankung umgehen – vier Porträts

TEXT Joanna Zybon

Positiv ins Neue Jahr

Marc Koch, 400-Meter-Sprinter

Kurz vor Silvester 2021 hatte sich Marc Koch infiziert. Dank dreimaliger Impfung musste der Leichtathlet zwar nicht mit einem schweren Verlauf rechnen, aber auch die milden Symptome hatten Folgen für das Training des Berufssportlers. „Ich hatte vier Wochen lang das Gefühl, nicht genug Luft zu bekommen, weder im Alltag noch in der Belastung“, sagt der 27-Jährige, der zweieinhalb Wochen komplett aus dem Training aussteigen musste. Der gebürtige Berliner trainiert bei der LG Nord. Neben dem Sport studiert er Betriebswirtschaftslehre und arbeitet als Werksstudent bei Young Digitals Consulting.

„Meine erste Trainingseinheit waren zehn Minuten auf dem Fahrradergometer, ganz vorsichtig nach Gefühl“, sagt Koch. „Ich wollte nichts verschleppen, auch wenn ich sonst ungeduldig bin.“ Danach sei es dann peu à peu weitergegangen: „Immer das Feedback des Körpers abwarten, immer zuerst testen, ob er genug Luft bekommt“, so Koch weiter. Jede Trainingseinheit stimmte er zunächst mit seiner Trainerin Nadine Großkopf ab. Fünf Wochen nach Beginn der Symptome ließ er sich sportmedizinisch durchchecken. „Der Herzmuskel ist okay, aber ich bin immer noch zurückgeworfen, weil mir die Einheiten fehlen“, sagt der 400-Meter-Spezialist. Seine persönliche Bestleistung liegen bei 46,18 Sekunden, einer seiner größten Erfolge war die Olympiateilnahme letztes Jahr in Tokio.

Dieses Jahr fokussiert er sich auf die Deutschen Meisterschaften, die am 25. und 26. Juni in Berlin stattfinden. Sein Traum: im Olympiastadion Deutscher Meister zu werden. „Im Sommer“, so hofft Marc Koch, „bin ich wieder der alte!“

Entdeckung der Resilienz

Christian Letzin, Radrennfahrer

Als Christian Letzin sich im Dezember 2020 infizierte, waren die neu entwickelten Impfstoffe noch nicht verfügbar. Es begann mit Kopf- und Muskelschmerzen, Unwohlsein und Husten. „Zwei Wochen lang hatte ich Dauerfieber. Sechs Wochen lang war gar nicht daran zu denken, mich zu belasten“ erinnert sich der kaufmännische Angestellte und Familienvater. Er litt lange Zeit unter Atemproblemen. „Anfangs hatte ich sogar Probleme spazieren zu gehen“, sagt Letzin. Es war ein konditioneller Absturz für jemanden, der gewöhnlich circa 6.500 Radkilometer pro Jahr absolvierte, inklusive Jedermann-Rennen wie Veloton und Cyclassics.

Auch mehr als ein Jahr später hat der 47-Jährige seine frühere Leistungsfähigkeit nicht wiedererlangt. Hinter ihm liegen „monatelange extreme Phasen der psychischen Niedergeschlagenheit“. Er kämpft mit Long Covid Symptomen wie Konzentrationsproblemen und körperlicher Schwäche sowie den daraus folgenden Depressionen. Seine sportlichen Ambitionen musste er herunterfahren und akzeptieren, dass er „nur“ noch etwa 3.000 Jahreskilometer Rennrad fahren kann. Dabei geholfen haben ihm seine Trainingsdisziplin, stets das zu leisten, was auf dem jeweiligen Niveau eben möglich war, und ein Buch über Resilienz. „Der Begriff war mir zuvor unbekannt“ gesteht er. Inzwischen hat Christian Letzin gelernt, mit seinen neuen physischen Grenzen zu arbeiten. Der letzte Herz-Check im Sport-Gesundheitspark blieb unauffällig.

Heute trainiert er – mit einer Personal Trainierin – nach Zeitvorgaben an fünf Tagen pro Woche mit 90 Minuten als längster Einheit. Sein Fazit: „Ab einem gewissen Grad klappt die Rückkehr ins frühere Leben nicht mehr, aber man muss sich trotzdem rausboxen.“

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FOTO privat

„Der Herzmuskel ist ok. Aber ich bin immer noch zurückgeworfen, mir fehlen die Einheiten“

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FOTO privat

„Sechs Wochen lang war gar nicht daran zu denken, mich zu belasten“

Gemeinsam siegen oder leiden

Julijana Blazic, Basketballspielerin

Bei einem Jugendspiel des TuS Lichterfelde infizierte sich zu Jahresanfang fast das komplette Basketball-Team mit dem Coronavirus. Unter anderem erwischte es die geimpfte Julijana Blazic, die auch zur Nationalmannschaft U16 gehört. „Ich hatte Husten, Schnupfen, Hals-, Kopf- und Lungenschmerzen, war sehr schwach und konnte nichts mehr schmecken“, sagt Julijana. „Wenn ich aus dem Bett aufstehen wollte, wurde mir so schwindelig, dass ich mich wieder hinlegen musste.“

Zweieinhalb Wochen lang war an Sport nicht zu denken. Für eine Sportlerin ihres Kalibers kam das einer Niederlage gleich. Denn die gebürtige Berlinerin lernt an der größten deutschen Eliteschule des Sports, dem Schul- und Leistungssportzentrum Berlin in Hohenschönhausen. Dort wird vor und nach dem Unterricht trainiert. Die Wochenenden gehören den Turnieren.

Natürlich wollte Julijana nach der akuten Phase ihrer Covid-19-Erkrankung schnellstmöglich wieder einsatzfähig sein, vor allem da sie als Guard die wichtigste Position spielt. „Beim ersten Training hatte ich nach zwei Minuten Schmerzen in der Lunge, mir wurde schwarz vor Augen“, sagt sie. Weil die Lungenprobleme nicht verschwanden, stand ein medizinischer Check an.

Julijana, die im Februar 16 Jahre alt geworden ist, möchte nicht wieder erleben, dass sie bei einem wichtigen Spiel nur anfeuern darf. „Es macht solchen Spaß gemeinsam Erfolge zu holen und zu gewinnen“, schwärmt sie von ihrem Teamsport. Ihr Verein ist bereits Berliner Meister in der U16. Dieses Jahr stehen noch die DM sowie die EM in Portugal an.

Schnell wieder auf den Platz

Timo Baumgartl, Fußballprofi

Ein Beispiel für infizierte Sportler, die Corona wie eine gewöhnliche Erkältung erleben, ist der 26-jährige Abwehrspieler Timo Baumgartl, der derzeit von der PSV Eindhoven an den 1. FC Union ausgeliehen ist. Baumgartl ist in Böblingen geboren und hat früher für den VfB Stuttgart gespielt. Neben dem Fußball studiert er Psychologie im Fernstudium, um schon mal seine zweite Karriere vorzubereiten.

Als er sich im Oktober 2020 bei einem Ausbruch in Eindhoven infizierte, der fast seine ganze Mannschaft betraf, bewies er auch immunologisch gute Abwehrkräfte, denn er wurde nicht ernsthaft krank. Seine Symptome waren etwas Schnupfen, Kopfweh, Müdigkeit und leichte Atemprobleme, die schnell wieder verschwanden.

„Insgesamt war ich 17 Tage in Quarantäne, aber bereits nach einer Woche habe ich mich wieder normal gefühlt und konnte mit leichtem Ergometer-Training anfangen“ erzählt er rückblickend. „Ich bin jemand, der auf seinen Körper hört. In der ersten Woche habe ich mich daran gehalten nichts Sportliches zu machen, wie bei einer Erkältung. Nach der Quarantäne hatte ich Leistungseinbußen, aber nach ein paar Aufbautrainings war alles wieder ok.“ Für Timo Baumgartl bedeutete Corona nur eine kurze Auszeit.

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FOTO privat

„Beim ersten Training hatte ich nach zwei Minuten Schmerzen in der Lunge, mir wurde schwarz vor Augen“

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FOTO 1 FC Union Berlin

„Nach der Quarantäne hatte ich Leistungseinbußen, aber nach ein paar Aufbautrainings war alles wieder ok“

„So schnell wie möglich an die frische Luft“

Leistungssportlern macht der Trainingsausfall durch die Quarantäne häufig mehr zu schaffen als das Virus selbst, sagt Sportmediziner und Marathonläufer Fernando Dimeo

Das Interview führte Joanna Zybon

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Fernando Dimeo ist Internist, Sportmediziner und Marathonläufer mit einer PB von 2:19 h. Der frühere langjährige Leiter der Sportmedizinischen Abteilung der Charité im Campus Benjamin Franklin arbeitet heute am Sport-Gesundheitspark. Seine Schwerpunkte sind Präventivmedizin sowie Rehabilitation und Training bei chronischer Erkrankung.

1 Welche Probleme haben Leistungssportler, die an Covid-19 erkrankt sind?

Das unterscheidet sich zunächst nicht von dem, was man auch sonst in der Gesellschaft beobachten kann: Es gibt leichte Verläufe, bei denen Menschen lediglich einen kleinen Schnupfen oder Kopfschmerzen haben, mittlere Verläufe mit Lungenbeteiligung und länger eingeschränkter Leistungsfähigkeit – wie nach einer mittelschweren Lungenentzündung – und schwere intensivpflichtige Verläufe. Bei uns im Olympiapark hatten wir noch keine Sportler mit Herzbeteiligung nach Covid, aber bei einigen haben wir EKG-Veränderungen gefunden.

2 Warum berichten Leistungssportler häufiger von Folgeproblemen?

Das hängt damit zusammen, dass Leistungssportler ihren Körper sehr oft an die Grenzen bringen und einen Leistungsabfall von zum Beispiel fünf Prozent sofort spüren. Hobbysportler merken so einen Formverlust meistens nicht, außer sie nehmen gerade an einem Wettkampf teil.

3 Worauf sollten Breitensportler nach einer Covid-Erkrankung achten?

Solange sie krank sind, sollten sie im Bett bleiben. Wenn es nur ein leichter Schnupfen ist, kann man eine Woche später alles machen, was man will – das ist vom Erreger unabhängig, wie auch bei anderen Virusinfektionen.

4 Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?

Wenn man sich sehr krank gefühlt hat, also Fieber, Herzrasen oder Luftnot hatte, oder wenn die Symptome anhalten. Aber es fällt mir schwer zu sagen: Jeder braucht ein EKG und Echokardiografie, denn wir können nicht jeden Berliner nur zur Sicherheit testen, das braucht man meistens nicht.

5 Welche Auswirkungen hat der Trainingsausfall?

Bei uns im Olympiapark sehen wir derzeit eher folgendes Problem: Viele Sportler, die in Quarantäne waren, sind geschwächt, aber nicht vom Virus, sondern weil sie zu Hause bleiben mussten und nicht trainieren konnten. Da hilft nur eins: so schnell wie möglich an die frische Luft!

POST-COVID-CHECK FÜR SPORTLER

Sport-Gesundheitspark Berlin e.V.
Hanns-Braun-Straße 1, Turnhaus / Olympiapark, 14053 Berlin
T. 030 81 81 25-09
sport-gesundheitspark.de

Charité, Campus Nord der Humboldt-Universität
Abteilung Sportmedizin
Philippstraße 13, Haus 11, 10115 Berlin
T. 030 2093-46090
sportmedizin.charite.de