Der Schwänzeltanz der Honigbiene
Anzeigensonderveröffentlichung
BERLIN SCIENCE WEEK 2023

Der Schwänzeltanz der Honigbiene

Wie kann eine Hochschule zur urbanen Artenvielfalt beitragen?

TEXT Jennifer Gaschler

Eine lebendige Universität der Zukunft zu sein, das hat sich die Freie Universität Berlin innerhalb der europäischen Hochschulallianz Una Europa zur Aufgabe gemacht. Deshalb ist dort tierisch viel los: An verschiedensten Standorten gibt es in Dahlem und Düppel Bienenvölker, Blühflächen sowie Habitate für Wildtiere. Wie kann eine Hochschule zur urbanen Artenvielfalt beitragen?

Una Europa ist eine Kooperation aus elf exzellenten und forschungsintensiven europäischen Universitäten. Die Allianz hat eine Nachhaltigkeitsstrategie basierend auf vier Handlungsfeldern veröffentlicht: Governance, Teaching & Community Engagement, Operations sowie Healthy & Resilient Communities. "Im Rahmen der letzten Säule konzentrieren wir uns auf die Anerkennung der ökologischen Merkmale unseres Campus' und fördern seine biologische Diversität", erläutert Marie-Julie Jacquemot vom Center for International Cooperation der FU.

Kontrast zum englischen Rasen: Wildwiesen, Blühflächen und Landeplätze für Bienen. FOTO LUDEWIG/TU BERLIN
Kontrast zum englischen Rasen: Wildwiesen, Blühflächen und Landeplätze für Bienen. FOTO LUDEWIG/TU BERLIN

Wer auf dem Gelände der FU unterwegs ist, bemerkt auch die weitläufigen Wildwiesen - ein interessanter Kontrast zum englischen Rasen, der das Bild der Hochschule noch bis 2019 dominierte. Inzwischen gibt es circa zehn Hektar naturbelassene Blühflächen. Alles begann mit einem "Bitte nicht mähen laufender Versuch"-Schild vor dem Institut für Biologie, das ein Mitarbeiter dort aufstellte. Jetzt, vier Jahre später, ist der "Blühende Campus" weithin bekannt, hat ein ehrenamtliches Team von mehr als 40 Mitarbeitenden. Sie pflegen die Wiesen, sähen regionale Wildblumen, schaffen Nisthilfen und führen in diversen Veranstaltungsformaten den Dialog zur urbanen Biodiversität. In diesem Jahr zeichnete die Stiftung Naturschutz Sophie Lokatis für den Aufbau der Initiative mit dem Berliner Naturschutzpreis 2023 aus. "Um das Verschwinden von Natur und Artenvielfalt aufzuhalten, brauchen wir weitreichende gesellschaftliche Veränderungen. Universitäten haben eine besondere Verantwortung, Klimawandel, Biodiversitätskrise und soziale Ungerechtigkeit zusammenzudenken", sagt die promovierte Ökologin. Rebecca Rongstock, die das Wildwiesenprojekt inzwischen leitet, nutzt eine der Campusflächen als Feldexperiment für ihre Promotion in der Pflanzenökologie. Ihr ist es ein Anliegen, das Thema auch in Forschung und Lehre stärker zu verankern.

Der "Blühende Campus" sei ein „Living Lab“, sinnvoll für Wissenschaft und Umwelt, unterstreicht Katrin Schweigel von der Stabsstelle Nachhaltigkeit und Energie der Universität. Sie erinnert an die Klimanotstandserklärung, welche die Hochschule 2019 veröffentlicht hat: "Wir haben uns vorgenommen, innovative Lösungen zu entwickeln. Deshalb unterstützen wir Aktivitäten im Bereich der Biodiversität und arbeiten auch mit unseren internationalen Partnern bei Una Europa gemeinsam daran, Universitäten noch nachhaltiger zu gestalten." Um "nature positive" zu werden, müssten unbedingt auch indirekte Auswirkungen auf die Biodiversität erfasst und verringert werden, ähnlich wie CO₂-Emissionen beim Klimawandel, betont Sophie Lokatis.

Die Bedeutung universitärer Forschung zum Thema Artenvielfalt verdeutlicht an der Freien Universität eine Sympathieträgerin ganz besonders: Die Honigbiene steht hier seit Jahrzehnten im Fokus verschiedener Projekte. Die Universität beschäftigt sogar eine eigene Imkermeisterin: "Die Bienen sind unsere wichtigsten Symbiosepartner, ohne sie hätten wir einen Großteil unserer Lebensmittel nicht“, erklärt Stefanie Ludewig, die am Institut für Veterinär-Biochemie tätig ist. Ungewöhnlich sei es für sie nicht, an einer Hochschule zu arbeiten: "Wir haben die Lebensräume der Bienen stark verändert. Jetzt ist es in unserer Verantwortung, die Bienen so gut wie möglich zu verstehen, damit wir sie schützen können." Die Forschungsgruppe, für die Ludewig 40 Bienenvölker betreut, forscht an Varroamilben, einem Parasiten, der zurzeit als einer der Hauptgründe des Bienensterbens gilt. Sowohl Studierende der Veterinärmedizin als auch Interessierte besuchen ihre Imkerkurse. Und beratend steht sie weiteren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zur Seite.

So auch dem Team um Informatikprofessor Tim Landgraf. "Hiveopolis", ein interdisziplinäres Forschungsprojekt, an dem er beteiligt ist, will durch technische Innovationen für optimale Bedingungen in Bienenstöcken sorgen. Als einer der sieben europaweiten Partner entwickelt die Freie Universität deshalb hochtechnologisierte Bienenkästen. Zum Einsatz kommt dabei ein Bienenroboter, den Landgraf im BioRobotics-Lab der Hochschule entwickelt hat. Er ahmt den Schwänzeltanz nach, das komplexe Kommunikationssystem der Tiere, und führt sie so gezielt zu Nahrungsquellen. "Mithilfe von künstlicher Intelligenz haben wir außerdem den echten Schwänzeltanz so exakt decodiert, dass wir wissen, von welcher Futterstelle eine Biene berichtet." So kann überprüft werden, ob die Pflanzen auf einem mit Pestiziden behandelten Feld stehen. Die Sammlerin wird in diesem Fall durch akustische Signale in ihrem Tanz gestört und gibt ihre Wegbeschreibung nicht weiter. Dafür befinden sich in den Waben des "smarten" Bienenstocks kleine Vibrationsplatten. Die weiteren Forschungsgruppen arbeiten etwa daran, die Temperatur in Bienenstöcken konstant zu halten, um so dem Klimawandel gewappnet zu sein, oder an Technik, die überwacht, wie viele Eier eine Königin legt. So soll bei "Hiveopolis" ein "biohybrides System" entstehen, eine "Symbiose aus Technologie und Natur", die langfristig den Bestand der Honigbienen sichert.

Imkermeisterin Stefanie Ludewig arbeitet am Institut für Veterinär-Biochemie. FOTO LUDEWIG/TU BERLIN
Imkermeisterin Stefanie Ludewig arbeitet am Institut für Veterinär-Biochemie. FOTO LUDEWIG/TU BERLIN

Die erste Entschlüsselung des Schwänzeltanzes gelang dem Zoologen Karl von Frisch, der erkannte, dass die Bewegungen den Winkel widerspiegeln, der sich aus dem Verhältnis zwischen Bienenstock, Sonnenstand und den entdeckten Blüten ergibt. Den Beweis erbrachte 60 Jahre später mithilfe von Radartechnik Randolf Menzel, Professor für Neurobiologie an der Freien Universität. Inzwischen fokussiert sich der Wissenschaftler auf den negativen Einfluss von Pestiziden auf das Gehirn von Bienen: "Die neuronalen Leistungen werden durch die Aufnahme von Neonikotinoiden deutlich schlechter. Unsere Studien zeigen, dass vor allem die Fähigkeit, neue Futterstellen zu erlernen und im Tanz mitzuteilen, abnimmt." Bei den Zulassungsverfahren für Insektizide werde allerdings nur die Sterblichkeitsrate der Bienen in Betracht gezogen, nicht aber die nachlassende kognitive Leistungsfähigkeit, kritisiert Menzel. Am Institut für Biologie führt er deshalb bei den Tieren Verhaltensbeobachtungen und mikroskopische Analysen durch. "Leider ist es gesetzlich noch nicht vorgeschrieben, dass Landwirte öffentlich melden müssen, wann, wo und womit sie ihre Felder chemisch bearbeiten", merkt Tim Landgraf an. "Eine solche Datenschnittstelle wäre aber für die Bienenhaltung der Zukunft wichtig."

Mit den Themen Biodiversität in der Stadt und der Bienenforschung beschäftigt sich auch die Una Europa Lecture im Rahmen der Berlin Science Week.

Die Autorin ist freie Journalistin im Auftrag der FU Berlin.

FOTO LUDEWIG/TU BERLIN
FOTO LUDEWIG/TU BERLIN

"Um das Verschwinden von Natur und Artenvielfalt aufzuhalten, brauchen wir weitreichende gesellschaftliche Veränderungen. Universitäten haben eine besondere Verantwortung, Klimawandel, Biodiversitätskrise und soziale Ungerechtigkeit zusammenzudenken."

Sophie Lokatis ist promovierte Ökologin und wissenschaftliche Mitarbeiterin der Freien Universität Berlin. Sie arbeitet am Institut für Biologie.

FOTO LUDEWIG/TU BERLIN
FOTO LUDEWIG/TU BERLIN

"Leider ist es gesetzlich noch nicht vorgeschrieben, dass Landwirte öffentlich melden müssen, wann, wo und womit sie ihre Felder chemisch bearbeiten. Eine solche Datenschnittstelle wäre aber für die Bienenhaltung der Zukunft wichtig."

Randolf Menzel ist Professor für Neurobiologie, Freie Universität Berlin, Institut für Biologie.

Programmtipps

1. NOV 16:00 - 18:00, DE

Una Europa Lecture: Living Lab. Bienen, Biodiversität und urbane Nachhaltigkeit

Freie Universität Berlin
Veterinarium Progressum,
Oertzenweg 19b, 14163 Berlin - Düppel,

1. NOV 14:30 - 18:30, EN

Planetary Health: What can we learn from the multispecies City?

Embassy of Brazil, Berlin University Allianc
Embassy of Brazil in Berlin,
hybrid

 4. NOV 18:15-19:30, EN
CAMPUS, hybrid

RETHINKING Urban Agriculture

ETH Zürich

7. NOV 13:0014:30, EN

ZooMap: Mapping the Role of Culture in Zoonosis

Eberswalde University for Sustainable Development,
Mongolian University of Life Sciences, and
Palawan State University
digital