Hoffnung statt Horrortrip: Gesund mit Psychedelika
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BERLIN SCIENCE WEEK

Hoffnung statt Horrortrip: Gesund mit Psychedelika

Sie gerieten in Verruf und verschwanden aus der medizinischen Forschung. Doch nun sind Psychedelika wieder im Bewusstsein der Wissenschaft angekommen – und versprechen neue Lösungsansätze für die Behandlung von psychischen Erkrankungen

Seit 14 Jahren nehme ich täglich Antidepressiva – inzwischen das fünfte Medikament. Eine Verhaltenstherapie und eine mehrjährige tiefenpsychologische Behandlung habe ich hinter mir. Und letzte Woche nach der Psilocybin-Behandlung hat meine Tochter zu mir gesagt: ‚Mama, du kannst wieder lachen‘. Da musste ich einfach weinen – auch etwas Neues, wieder Gefühle zu haben. Die Psychotherapie mit Psilocybin hat mir gezeigt, dass mein Leben nicht vorbei ist. Ich kann mich verändern.“ (Aussage einer Patientin der EPIsoDE-Studie)

TEXT Henrik Jungaberle, Direktor der MIND Foundation

Zauberpilze, LSD, Ecstasy: Mit diesen Substanzen assoziieren viele vermutlich bunte Farbwirbel und Menschen, die beseelt in den Sternenhimmel schauen, oder im Gegenteil einen „Horrortrip“ durchleben. Auch manchen Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen geht das so. Die psychedelisch wirkenden Substanzen werden in deutschen Fachkreisen noch oft belächelt oder als gefährlich stigmatisiert. So schienen sie bis vor Kurzem unwahrscheinliche Kandidaten, um ausgerechnet psychische Erkrankungen zu behandeln. Klassische Psychedelika wie Psilocybin (der Wirkstoff der sogenannten „Zauberpilze”) und LSD verändern das Denken, die Wahrnehmung und die Gefühlswelt, vor allem indem sie im Gehirn in die Signalübertragung durch den Botenstoff Serotonin eingreifen. Über andere Mechanismen wirken Ketamin, Esketamin und MDMA, die aber aufgrund ihrer ähnlichen Wirkung häufig als atypische Psychedelika bezeichnet werden.

Einzug in die Therapie in Sicht

Spannend für Wissenschaft und die Behandlung psychischer Störungen ist allerdings, dass Psychedelika ein großes therapeutisches Potenzial haben. Sie können die Symptome von psychisch Erkrankten langfristig lindern und möglicherweise auch zu einer positiven Veränderung des Krankheitsverlaufs beitragen. Wir sprechen nicht vom Freizeitgebrauch oder einer Selbstanwendung zu Hause, sondern von einem kontrollierten Einsatz in Kombination mit einer Psychotherapie. Psilocybin hat bereits den „breakthrough therapy-Status“ von der amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) erhalten, ebenso wie die chemische Verbindung MDMA, die jenseits der Medizin auch als „Ecstasy” bekannt ist. Das bedeutet, deren Zulassungschancen werden als besonders vielversprechend angesehen, weshalb sie die Behörde priorisiert und die Bürokratie dadurch beschleunigt. In einer Antwort auf die Anfrage aus dem US-Repräsentantenhaus vom Mai 2022 hat die amerikanische Regierung zudem durchblicken lassen, dass sie mit einer Zulassung von Psilocybin für Depressionen und von MDMA für Posttraumatische Belastungsstörungen innerhalb der nächsten zwei Jahren rechnet. Angesichts einer von der WHO festgestellten „Krise der psychischen Gesundheit“ wäre das eine willkommene Nachricht. Das bedeutet nicht, dass alle Fragen beantwortet sind. Noch stehen wir am Anfang der Forschung, fortgeschrittene klinische Studien sind gerade erst angelaufen.

Vom Stillstand zur Renaissance

Schuld an den Wissenslücken ist ein jahrzehntelanger stillstand der Forschung. Denn eigentlich kamen Wissenschaftler:innen schon Mitte des 20. Jahrhunderts darauf, psychische Erkrankungen mit Psychedelika zu behandeln – ganz zu schweigen von der Jahrtausende zurückreichenden traditionellen Nutzung von psychedelischen Wirkstoffen in sozialen, religiösen und Heilritualen. In den 1950er Jahren fand LSD Einzug in die experimentelle Psychiatrie und schob weltweit die Erforschung der möglichen Anwendungen an, etwa bei Depression und Alkoholabhängigkeit.

Dann kam der Bruch: Unter Führung der USA verabschiedeten die Vereinten Nationen 1971 die internationale Konvention über psychotrope Substanzen, wodurch Psychedelika in fast allen Ländern der Welt verboten wurden. Angst hatte man damals vor der Rolle von „Drogen“ in der Jugendbewegung, nicht vor der Anwendung bei Erkrankten. Dennoch setzte die Konvention der Forschung ein vorläufiges Ende, erst seit den 2010er Jahren kommt sie wieder in Schwung. Mittlerweile arbeiten mehr als 30 Universitäten und zahlreiche Unternehmen weltweit an psychedelischen Therapien.

Die vielleicht wichtigste aktuelle Untersuchung im Feld ist die EPIsoDE-Studie, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit knapp 2,4 Millionen Euro gefördert wird. Geführt von dem Psychiater und Psychopharmakologen Gerhard Gründer werden am Zentralinstitut für seelische Gesundheit in Mannheim und der Charité Berlin 144 Patient:innen behandelt. Die Studie testet das klassische Psychedelikum Psilocybin in einer Kurzzeitpsychotherapie bei behandlungsresistenter Depression. Begonnen hat die Studie im Juni 2021, die Ergebnisse werden 2023 vorliegen.

Die Forschung geht weiter – viele Fragen offen

Ebenso wie bei den Antidepressiva, mit denen Millionen Menschen heutzutage behandelt werden, sind auch bei den Psychedelika die Wirkmechanismen komplex und noch nicht völlig verstanden. Im Unterschied zu Antidepressiva werden Psychedelika nicht täglich verabreicht, sondern nur einmal oder wenige Male. Eine psychopharmakologische Sensation: Wie kann das sporadische Eingreifen in wenige Signalwege des Gehirns solche tiefgreifenden und bei einigen Patient:innen andauernde Veränderungen ihrer schweren Symptome auslösen? Und wie kann man diese Effekte stabilisieren? Wichtig ist, dass Pantient:innen die Psychedelika nicht auf eigene Faust ausprobieren. Vielmehr geht es darum, mit den psychedelischen Sitzungen „therapeutische Fenster“ in der Psychotherapie zu öffnen.

„Für mich waren die beiden Psilocybin-Sitzungen die Rettung. Für mich war eigentlich alles vorbei, ich war nur noch zum Schein am Leben, hatte abgeschlossen und einen Suizid geplant, wenn auch diese Therapie nicht klappen würde. Zum ersten Mal seit meiner Jugend konnte ich mich dann einem Menschen öffnen, die Hassliebe zu meinem Vater begreifen, den Druck meiner Selbstzweifel, Scham- und Schuldgefühle beiseitelegen. Ich fange wieder an, eine Zukunft zu planen.“ (Aussage von einem Patienten der EPIsoDE-Studie)

Bei Depressionen könnte eine Behandlung mit dem Psychedelikum Psilocybin helfen
Bei Depressionen könnte eine Behandlung mit dem Psychedelikum Psilocybin helfen

Augmentierte Psychotherapie Training (APT): Weiterbildung für die Experten von morgen

Unsere Non-Profit-Organisation MIND Foundation bietet die erste wissenschaftlich fundierte Weiterbildung in Psychedelischer Therapie für die Ärzteschaft und Psychotherapeut:innen an: das „Augmented Psychotherapy Training“ (APT). Wir bilden Expert:innen in der „Augmentation“ (Wirkungssteigerung) von Psychotherapie aus, und so können wir jetzt schon Patient:innen fachgerecht helfen, sie vor dubiosen Kontakten und fehlgeleiteter Selbstmedikation schützen – und die psychiatrische Versorgung auf eine Zukunft vorbereiten, in der auch Psychedelika zum Werkzeugkasten gehören.

Gegen die Angst helfen Fakten

Dass die Methode einer „psychedelischen Augmentation“ in der Öffentlichkeit und in Teilen der Fachwelt noch mit Skepsis beäugt wird, liegt wohl an dem Stigma und verschiedenen Ängsten, die sich seit langem hartnäckig halten. Da ist etwa das Thema sucht: Wenn sich Patient:innen durch die Einnahme so viel besser fühlen, könnten sie dann nicht eine Abhängigkeit entwickeln? Tatsächlich ist das sehr unwahrscheinlich. Die klassischen Psychedelika wie Psilocybin, LSD und DMT haben ein verschwindend geringes Suchtpotential – besonders im Vergleich zu Alkohol, den Opiaten und auch Cannabis. Von der amerikanischen Regierung unterstützte Studien zum Einsatz von Psilocybin bei der Tabakentwöhnung und der Behandlung von Alkoholkrankheit an der Johns Hopkins Universität, sprechen eher für eine zukünftige Rolle von Psilocybin in der Behandlung von Substanzgebrauchsstörungen. Unfälle, missbrauch und eine ungesunde Beziehung zu Psychedelika sind dennoch möglich. Psychose-gefährdete Patient:innen müssen konsequent ausgeschlossen werden und für viele Menschen mit komplexen Persönlichkeitsstörungen gibt es derzeit noch keine Hoffnung für einen möglichen Behandlungserfolg mit Psychedelika.

Und der „Horrortrip“? Manche sorgen sich, sie könnten schlimme Erfahrungen schon bei einem einzigen „therapeutischen Trip“ machen. Aber auch hier bietet die Forschung schon wichtige Erkenntnisse: Das therapeutische Umfeld unterstützt dabei, unangenehme Gefühle während der Behandlung zur Verbesserung der psychischen Gesundheit zu nutzen.

Von der therapeutischen Begegnung mit dem Existentiellen

Beim Einsatz psychedelischer Substanzen geht es zudem nicht ausschließlich um die Behandlung von Erkrankungen, sondern auch um die Frage: Was kann uns zu einem guten und gesunden Leben verhelfen? Dieses Konzept wird als „Salutogenese“ bezeichnet. In der Netflix-Serie „How to change your mind” („Verändere dein Bewusstsein“), die auf dem gleichnamigen Buch von Michael Pollan basiert, wird das deutlich: Die Erfahrung mit Psychedelika sorgt nicht nur dafür, dass bestimmte Beschwerden gelindert werden. Vielmehr gibt sie den Menschen neue Lebensperspektiven – oft eine anhaltende Veränderung von Zielen und Werten. Es müsste also wohl eher „How to change your life” heißen: „Wie du dein Leben verändern kannst.“

Wir sind überzeugt, dass Psychedelika in der Psychiatrie und Psychotherapie eine Innovation darstellen und einen Paradigmenwechsel unterstützen werden, weg von der reinen Behandlung von Krankheiten und hin zur Stärkung der psychischen Gesundheit. So kehrt auch in die Medizin zurück, was durch einseitige Fixierung auf die biologische Psychiatrie hintenanstand: die Suche nach dem richtigen Leben durch die therapeutische Begegnung mit dem Existentiellen.

Programmtipps

5. NOV ab 11.00, OVID Praxis, in Person, Deutsch | Englisch
Von Kopf bis Fuß auf „drugs“ eingestellt – ein Angebot zum Schnuppern und Diskutieren
MIND Foundation

4. NOV 9.30, CAMPUS, hybrid, Englisch
Green Science! Green Medicine? How the Pharmaceutical Industry can Co-create a Sustainable NOW
NUVISAN

5. NOV ab 10.00, HU Berlin, in Person, Deutsch | Englisch
Die Augen als Fenster zur Sprache, Leibniz-Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft, University of Potsdam
Humboldt-Universität zu Berlin

9. NOV 17.00, Pastamadre, in Person, Englisch
Cooking for the Microbiome
Max-Delbrück Zentrum für Molekulare Medizin

10. NOV 18.30, Französische Botschaft, in Person, Deutsch | Französisch
Louis Pasteur / Robert Koch: Parallele Schicksale
Französische Botschaft

FOTO DPA
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Dr. sc. hum. Henrik Jungaberle ist Direktor der MIND Foundation und einer der beiden Geschäftsführer von OVID. Er ist Forscher, Wissenschaftsunternehmer und Autor. Seine Interessenschwerpunkt sind Öffentliche Gesundheit (Public Health), Psychedelika und Psychotherapie. Er erforscht Integration und Integrität beim Gebrauch psychoaktiver Substanzen.